F.acT: Was sind aus deiner Sicht in den letzten 10 Jahren die größten Veränderungen gewesen?
Benjamin Buhl:
Vor zehn Jahren wurden in Deutschland 41 Prozent des Reisevolumens digital gebucht, heute sind es 74 Prozent. Markante Veränderungen gibt es dabei verständlicherweise bei mobilen Devices und digitalen Buchungswegen. 2014 wurden zwar schon 11 Prozent der Webseiten mit mobilen Endgeräten aufgerufen, 2024 waren es jedoch bereits 73 Prozent. Erstaunlich dabei ist die Nutzung von Tablets: Sie ging von 19 Prozent in 2016 auf inzwischen 3 Prozent zurück. Dafür hat das Smartphone deutlich zugelegt.
Deutliche Veränderungen gab es auch bei den sozialen Medien, insbesondere bei den unter 18-jährigen Reiseinteressenten: 2015 rangierten Skype, Google und Twitter (X) bei ihnen ganz oben; heute sind es TikTok, Instagram und Snapchat. Dazu beigetragen hat, dass junge Reisende heute ihr Ziel nach den erwartbaren Erlebnismöglichkeiten wählen und dass sich der digitale Vertrieb generell von der reinen Unterkunftsbuchung hin zur Buchung eines Gesamtpaketes entwickelt: buchbare Erlebnisse gelten als Voraussetzung für die Reiseentscheidung.
F.acT: Wenn wir die aktuellen Zahlen im Vergleich zum Vorjahr ansehen – was hat sich hier speziell verändert?
Benjamin Buhl:
Ein Trend, der mit der Digitalisierung einhergeht ist, dass in der Inspirations- und Planungsphase der Reise KI deutlich gewonnen hat. Das beeinflusst auch eine andere Entwicklung: Klassische Urlaube mit einer Aufenthaltsdauer von 14 Tagen sind weniger gefragt. Immer häufiger werden dagegen mehrere Destinationen und Erlebnisse zu einer Reise verbunden.
Eine Entwicklung ist besonders auffallend: DACH-Regionen, in denen Gastgeber mit einer moderaten Preispolitik auf das unruhige Marktgeschehen der letzten Jahre reagiert haben, verzeichnen bessere Vorausbuchungszahlen als im Vorjahr. Das zeigen Analysen von myrate, die wir in der netzvitamineINFOGRAFIK aufgreifen.
Speziell in Österreich haben Ferienwohnungen und Ferienhäuser deutlich Marktanteile t gewonnen – sowohl bei den Gästeankünften als auch beim Volumen der Übernachtungen.
F.acT: Wie können alpine Tourismusbetriebe, die ja häufig sehr kleinstrukturiert sind, mit diesen Veränderungen umgehen?
Benjamin Buhl:
Kleine Einheiten können von der zunehmenden Digitalisierung profitieren und sollten die Trends pragmatisch nutzen. Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg ist die digitale Sichtbarkeit und eine ausnahmslose Online-Buchbarkeit: Die eigene Webseite muss KI-tauglich werden, d. h. alle Inhalte aus Zimmer- und Fewo-Mappen müssen für die digitalen Assistenten auffindbar und auslesbar sein. Die Erlebnisorientierung der Gäste kann einfach mit einem Link zum Erlebnisshop und dem Veranstaltungskalender der DMO oder des Tourismusverbands bedient werden.
Wenn immer mehr Reiseinteressierte ihre Planung am Smartphone beginnen, wird das Unternehmensprofil bei Google eines der wichtigsten Einstiegspunkte. Es sollte regelmäßig gepflegt und etwa alle drei Monate aktualisiert werden. Und noch im Laufe dieses Jahres sollten sich alle Anbieter auch mit digitalen Bezahlmöglichkeiten vertraut machen – die Bezahlung vor Ort hemmt die Buchungen und führt zu höheren Stornierungsraten. Noch dazu bringen vorab online bezahlte Aufenthalte sogar bessere Bewertungen, weil der „Schmerz“ der Geldausgebens während des Aufenthalts wegfällt.
Ein Tipp für Gastgeber:innen mit Social Media-affinen Angestellten oder Familienmitgliedern: Lasst diese einen TikTok-, Instagram- oder Snapchat-Auftritt für euer Haus pflegen. Das dürfte nicht nur jüngere Gäste interessieren, sondern auch beim Akquirieren junger Fachkräfte und Azubis helfen.
F.acT: Wo kann man die netzvitamineINFOGRAFIK bekommen?
Benjamin Buhl:
Auf unserer Webseite netzvitamine.de/infografik stehen alle 13 Ausgaben digital zum Download zur Verfügung. Aufgrund ihres Großformats sind sie allerdings zum Ausdruck eher schlecht geeignet. Aber wer ein gedrucktes Exemplar der aktuellen Ausgabe möchte, kann eine Mail an info@netzvitamine.de schreiben. Oder er kommt zum DSTNCMP25 vom 3. bis 5. Juni nach Düsseldorf. Für alle Teilnehmer:innen gibt es dort ebenfalls die ausgedruckte netzvitamineINOGRAFIK25.