Klimaentwicklung
Image by Arnold Müller from Pixabay

Klimaentwicklung in den Alpen

Klimaszenarien der Geosphere Austria

Wie entwickelt sich das Klima in den Alpen?

F.acT: Wie verändert sich das Klima in den Alpen
Johannes Vergeiner: Wir spüren den Klimawandel zunehmend am eigenen Leib. Das Hauptkennzeichen ist eine vom Menschen verursachte Erwärmung, die im Alpenraum über die vergangenen 60 Jahre etwa 2,5 °C beträgt. Die aktuelle Erderwärmung läuft somit rasend schnell ab, was eine große Herausforderung für den Klimaschutz und die notwendigen Anpassungen darstellt. Der Tourismus verursachte im Jahr 2019 weltweit knapp 9 % der für die Erwärmung maßgeblichen Treibhausgasemissionen (Sun et al., 2024).  Als Folge der Erwärmung sind in den letzten 60 Jahren die Anzahl der Tage mit Schneedecke und die mittlere Schneehöhe in Österreich deutlich zurückgegangen. In tiefen Lagen wurden Abnahmen über 50 % festgestellt, nur oberhalb von 2000 bis 2500 m sind keine signifikanten Änderungen zu verzeichnen. Im selben Zeitraum ist auch die Anzahl der Stunden, die sich für technische Beschneiung eignen, um etwa 25 % zurückgegangen. Dieser Trend wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten fortsetzen – unabhängig davon, welches Zukunftsszenario man beschreitet. In der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts könnte die Schneelage auf diesem Niveau nur dann stabilisiert werden, wenn unter großen international koordinierten Anstrengungen in Bezug auf Klimaschutz der „2-Grad-Weg“ umgesetzt wird. Machen wir hingegen weiter wie bisher, wird bis zum Ende des Jahrhunderts Schnee in tiefen und mittleren Lagen nahezu verschwinden und selbst in 2000 m Seehöhe wird sich die Anzahl der Tage mit Schneedecke zumindest halbieren. Die Abbildung rechts veranschaulicht die Schneeverhältnisse gegen Ende des Jahrhunderts in einer (weiterhin) fossilen Welt. Zum Vergleich sind dem links die Verhältnisse in der jüngeren Vergangenheit gegenübergestellt.
 

Vergleich der Schneeverhältnisse (links) in der jüngeren Vergangenheit 1971 – 2000 und (rechts) in der Zukunftsperiode 2071 – 2100, wenn wir weitertun wie bisher (=fossiler Weg)
Vergleich der Schneeverhältnisse (links) in der jüngeren Vergangenheit 1971 – 2000 und (rechts) in der Zukunftsperiode 2071 – 2100, wenn wir weitertun wie bisher (=fossiler Weg), © Quelle: FuSE-AT, Grafik: Sabine Tschürtz

F.acT: Welche konkreten Auswirkungen hat der Klimawandel auf den Tourismus in alpinen Bergregionen?

Johannes Vergeiner: Diese Entwicklung wirkt sich in vielfältiger Weise auf die Bergregionen und auf den Tourismus in Tirol aus. Die Folgen des Klimawandels werden von den Akteuren im Wintertourismus auch bereits beobachtet. Das führt aber nicht automatisch zu Anpassungsmaßnahmen, da die Investitionen im Wintertourismus hoch sind. Klar zu beobachten ist eine Verschiebung der Saison Richtung Sommer. Getrieben ist diese einerseits von schwierigeren Bedingungen für den Wintersport, besonders in den niedrigeren Lagen, andererseits aber auch vom Wunsch, der (städtischen) Hitze im Sommer mit einem Urlaub in den Bergen zu entfliehen. Laut einer Untersuchung im Projekt COIN übersteigen die durch Klimawandel bedingten monetären Verluste im Winter allerdings die Zugewinne im Sommertourismus. Zu beachten ist auch die klimawandelbedingte Veränderung von Naturgefahren, die sich auf das Wohlbefinden und die Sicherheit von Urlaubsgästen auswirken. So nehmen im Hochgebirge Felsstürze zu, weil ehemalige Permafrostgebiete auftauen. Es werden aber auch vermehrt Hangrutschungen und Muren verzeichnet, die den Siedlungsraum betreffen oder zu Schäden am Schutzwald bzw. an der Infrastruktur führen. Die Zunahme liegt Großteils an den aufgrund der steigenden Hitze intensiver werdenden Starkniederschlägen.

F.acT: Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden?

Johannes Vergeiner: Der rasant fortschreitende Klimawandel erfordert rasche Anpassungsmaßnahmen auf vielen Ebenen. Nichtstun ist dabei keine Alternative und kommt ungleich teurer, als die notwendigen Schritte zu setzen. Basierend auf langjährigen Messreihen und hoch aufgelösten Klimamodellen unterstützt die GeoSphere Austria diesen Prozess wesentlich und untersucht, wie sich der Klimawandel lokal bereits auswirkt und mit welchen Veränderungen in den nächsten Jahrzehnten in einer bestimmten Region zu rechnen ist.

 

Johannes Vergeiner
Johannes Vergeiner, ©

Dr. Johannes Vergeiner, Geosphere Austria, Regionalstelle für Tirol und Vorarlberg

E-Mail: Johannes.vergeiner@geosphere.at

Tel:       +43 512 285598 – 3529

Dr. Johannes Vergeiner hat an der Universität Innsbruck Meteorologie studiert. Seine Dissertation hat er zum Thema Föhn geschrieben. Seit 2011 arbeitet er an der Regionalstelle für Tirol und Vorarlberg und beschäftigt sich dort mit dem regionalen Klima sowie den Veränderungen und Auswirkungen im Zeichen des Klimawandels.

Datum: 12.05.25

Bildnachweis: Sabine Tschürtz, Geosphere Austria