Kurzfassung der Studie
Die Wahrnehmung von Risiken ist entscheidend, um das Risikoverhalten zu verstehen. Die Risikowahrnehmung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) bleibt jedoch bisher weitgehend unerforscht. Eine Studie hat die aktuelle Geschäftssituation von rund 1000 deutschen Unternehmen analysiert, um typische Muster der Risikowahrnehmung darzustellen und die Lücke im Verständnis der Mechanismen zu schließen, durch die Unternehmen Risiken identifizieren und wahrnehmen.
Die Untersuchung basierte auf einer Umfrage unter 1.005 deutschen KMU, die im Herbst 2019 durchgeführt wurde. Dieser Zeitpunkt vor der COVID-19-Pandemie verhindert eine mögliche Verzerrung der Risikowahrnehmung durch die Pandemie. Im Rahmen der Umfrage wurden die Unternehmen nach ihrer Wahrnehmung von zwölf spezifischen Risiken gefragt. Diese Risiken wurden in drei breitere Kategorien unterteilt: familienbezogene Risiken (z.B. Ausfall des Geschäftsführers, fehlende Nachfolge), strategische Risiken (z.B. starke Umsatz- und Gewinnschwankungen, zunehmender Wettbewerb, Digitalisierung) und externe Risiken (z.B. Klimawandel, regulatorische Änderungen, politische Unsicherheiten). Die erhobenen Daten wurden mittels deskriptiver Analysen und logistischer Regressionen ausgewertet, um die Risikoverteilung und Einflussfaktoren zu untersuchen.
Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung ist, dass fünf von zwölf untersuchten Risiken überproportional häufig von KMU wahrgenommen werden. Dazu gehören insbesondere starke Schwankungen bei Gewinn und Umsatz, zunehmender Wettbewerb, gesetzliche Auflagen, politische Veränderungen und der Ausfall des Geschäftsführers. Des Weiteren konnten alle 4096 möglichen Risikoprofile in acht Idealtypen der Risikowahrnehmung klassifiziert werden.
Die Studie untersuchte zudem, welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit der Risikowahrnehmung beeinflussen. Hierzu wurden Daten zur Unternehmensgröße, zur Branche, zur aktuellen Geschäftssituation sowie zum Eigenkapital und zum Status als Familienunternehmen herangezogen. Es zeigte sich unter anderem, dass eine gute Geschäftssituation die Wahrscheinlichkeit mindert, bestimmte strategische Risiken wahrzunehmen. Zudem ist der plötzliche Ausfall des CEOs ein deutlich größeres Problem für kleinere Firmen.
Die Studie plädiert nachdrücklich dafür, der Risikowahrnehmung von KMU künftig größere Aufmerksamkeit zu schenken. Dies ist essenziell, um ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie KMU Risiken eingehen und mit Unsicherheiten umgehen.
Kernergebnisse dieser Studie
Die Studie schließt eine wichtige Forschungslücke, indem sie die bisher weitgehend unerforschte Risikowahrnehmung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) analysiert. Die wichtigsten Kernergebnisse sind:
- Dominant wahrgenommene Risiken: Fünf von zwölf untersuchten Risiken werden von KMU überproportional häufig als wichtig erachtet. Dazu gehören insbesondere starke Schwankungen bei Gewinn und Umsatz, zunehmender Wettbewerb, gesetzliche Auflagen, politische Veränderungen und der Ausfall des Geschäftsführers. Letzterer ist vor allem für kleinere Firmen ein großes Problem.
- Klassifikation von Risikoprofilen: Die Studie konnte alle 4096 möglichen Risikoprofile in acht Idealtypen der Risikowahrnehmung klassifizieren. Das häufigste Profil ist dabei das der Unternehmen, die keine Risiken wahrnehmen.
- Einflussfaktoren auf die Risikowahrnehmung: Verschiedene Faktoren beeinflussen die Wahrscheinlichkeit, dass Risiken wahrgenommen werden. Eine gute Geschäftssituation mindert die Wahrscheinlichkeit, bestimmte strategische Risiken wahrzunehmen. Auch wenn Unternehmen in einer guten Situation sind, können sie viele Risiken wahrnehmen, was auf subjektive Komponenten der Risikowahrnehmung hindeutet. Kleinere Unternehmen haben eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, Risiken wie den Ausfall des CEOs oder eine unklare Nachfolge wahrzunehmen. Der Status als Familienunternehmen beeinflusst erwartungsgemäß ausschließlich die Wahrnehmung familienbezogener Risiken, jedoch nicht strategische oder externe Risiken. Die Eigenkapitalquote und der Industriesektor hatten kaum Einfluss auf die Risikowahrnehmung.
Die Studie argumentiert eindringlich dafür, der Risikowahrnehmung von KMU künftig größere Aufmerksamkeit zu schenken, da sie entscheidend ist, um das Risikoverhalten und den Umgang mit Unsicherheiten in diesen Unternehmen besser zu verstehen. Obwohl die Risikowahrnehmung subjektive Komponenten aufweist, basiert sie größtenteils auf einer realistischen Einschätzung des Umfelds durch die Firmen.