F.acT: Was ändert sich durch die rasante Entwicklung von KI?
Benjamin Buhl: Der KI-Modus in der Google Suche, der persönliche Assistent im neuen Browser „Comet“ oder die in die Betriebssysteme von Smartphones integrierten KI-Funktionen verändern das Suchverhalten der Gäste nachhaltig. Aus verschiedenen Datenbanken und Websites kuratiert und präsentiert KI Ergebnisse, die den Suchenden schon die bestmöglichen personalisierten Antworten und Empfehlungen suggerieren. Dadurch suchen User:innen zunehmend nicht mehr auf einer spezifischen Website selbst, sondern im Browser oder mit einem KI-Agenten. Oft reicht ihnen dann die KI-Übersicht aus, um eine Frage zu beantworten oder sich für ein Ziel zu entscheiden. Suchfunktionen auf touristischen Websites werden damit ebenso bedeutungslos wie die dort integrierten Chatbots. Viel wichtiger sind standardisierte und maschinenlesbare Inhalte, die Informationen jederzeit für verschiedene Anwendungen und für die KI-Suche verfügbar machen.
F.acT: Macht KI die Destinations-Website damit überflüssig?
Benjamin Buhl: Keineswegs! Im Moment sehen wir eine deutliche Tendenz dahingehend, dass gerade die DMO-Websites sogar an Bedeutung gewinnen – insbesondere für Googles neue Währung „Trust“ gelten viele Seiten als vertrauensstiftende Quelle. Unabdingbar ist in diesem Rahmen eine konsistente Positionierung der Markenbotschaften in möglichst vielen Kanälen wie Social Web, OTA und den Unternehmensprofilen von Google selbst. Es genügt nicht mehr, nur in der klassischen Google-Suche gut sichtbar zu sein. Erfolgsentscheidend werden die positive Präsenz einer Marke in KI-Antworten von ChatGPT, Claude, Perplexity, Gemini etc.
Googles neue Währung „Trust“ belohnt Portale und Websites, die schon bisher Wert auf hochwertigen Markencontent sowie gut gepflegte und strukturierte Daten gelegt haben. Basierend auf Faktoren wie Seriosität, Aktualität, Relevanz und Nutzerfreundlichkeit stufen Google bzw. der Google KI-Modus solche Seiten als „besonders vertrauenswürdig“ ein – und greifen auf sie bei den KI-kuratierten Ergebnis-Zusammenfassungen auf Suchanfragen zurück.
Zum Trust zählen die mit der Website verknüpften Google Unternehmensprofile, welche ab 2026 auch verifiziert werden können. Noch mehr als bisher sind diese Ausgangsbasis jeglicher Webbewirtschaftung und wichtig für künftige KI-Funktionalitäten in Autos (Navigation), Smartphones (Wegbeschreibung) und personalisierte Empfehlungen (ähnliche Restaurants/ Freizeiteinrichten etc.).
F.acT: Was unterscheidet GEO von SEO?
Benjamin Buhl: Die klassische Suchmaschinenoptimierung (SEO) genügt nicht mehr. Sie optimiert zwar die Sichtbarkeit der Website in den Suchergebnissen. Aber vor dem ersten organischen Suchergebnis präsentiert schon die KI ihre Antwort. Es braucht deshalb eine neue Strategie: die Generative Engine Optimization (GEO). Sie sorgt im Idealfall dafür, dass eine KI die Inhalte der Website als vertrauenswürdige Quelle erkennt und sie direkt in ihre Antworten integriert. Destinations-Websites gewinnen mit GEO wieder an Bedeutung. Sie müssen sich dazu allerdings von inspirationsgetriebenen Auftritten zu Marken- und Vertriebsportalen weiterentwickeln. Dabei werden kooperative Ansätze zum fundamentalen Erfolgsfaktor: Mehr (buchbare) Angebote stärken die Relevanz – und zugleich die Sichtbarkeit aller Leistungsanbietenden.
Langfristig wird nur profitieren, wer gezielt in die Qualität und Glaubwürdigkeit der eigenen Website durch entsprechende Contenttiefe und -breite investiert. Denn entscheidend für den Erfolg einer Marke wird ihre Sichtbarkeit, Bekanntheit und die positive Konnotation in den KI-kuratierten Antworten sein. Wirtschaftlich ebenso entscheidend sind die aus der Markenpräsenz resultierenden Conversions wie Newsletter-Abos, Downloads und vor allem der eCommerce-Erfolg – also die absoluten Buchungen für Unterkünfte, Erlebnisleistungen oder Tickets – egal über welchen Kanal. Immer mehr KI-Agenten greifen auf die maschinenlesbaren Daten und die KI-bedienbaren Auswahlmöglichkeiten zurück und buchen (bereits heute ohne menschliches Zutun) „einfach durch“. Hierfür sind die zuletzt oft verteufelten (technischen) Anpassungen im Zuge der Barrierefreiheit relevant – genau darauf setzen nahezu alle KI-Agenten für ihre automatisierten Prozesse.
F.acT: DMO klagen schon jetzt über Personal- und Finanznot. Wie kann diese Omni-Präsenz sichergestellt werden?
Benjamin Buhl: Unsere Empfehlung sind Shared Services in starken Netzwerken. Der Erfolg gelingt durch die gemeinsame Datennutzung über zentrale Datenhubs, geteilte Systeme und eine klare Aufgabenteilung. Die Investition in gute Redakteurinnen und Redakteure dürfte sich z. B. als Service-Leistung einer DMO für ihre Leistungsanbieter mehrfach lohnen: Letztere können sich dann stärker auf die Produktentwicklung und die Servicequalität am Gast konzentrieren.
Vorstellbar ist ebenso, dass Superapps wie Alipay in China auch in Europa kommen werden. Profitieren werden aber nur touristische Unternehmen, die alle technologischen Standards nutzen, strikt auf Onlinebuchbarkeit setzen und schnell Schnittstellen zu digitalen Paymentdienstleistern anbinden. Die KI-Agenten und Hosentaschen-Assistenten werden kaum irgendwo anrufen oder noch unverbindliche Anfragen verarbeiten.
Plattformen oder gerätespezifische Betriebssysteme kombinieren und integrieren als „Superapp“ digitale Anwendungen mit persönlichen Informationen wie Namen, Kontakt- und Geburtsdaten, persönlichen Vorlieben und Reiseverhalten mit Kalender, Bank- und Bezahldaten. Aktuell bremsen noch Sicherheits- und Datenschutzbedenken die Einführung von solchen individualisierten digitalen „Lebensbetriebssysteme“ in Europa aus. Aber dafür werden Lösungen gefunden werden – und dann gilt es, für die digitalen Assistenten attraktiv zu sein.
Fazit: Um auch in einer KI-getriebenen Plattformökonomie sichtbar zu sein oder zu bleiben, ist es wichtig, eine klare Markenidentität zu zeigen, Communities auf verschiedenen Kanälen aufzubauen und für Suchmaschinen hochwertigen Content vorzuhalten. GEO-Tools wie Conductor können die kontinuierliche Verbesserung spürbar erleichtern und die tägliche Arbeit durch gezielte sowie individuelle Auswertungen und Anpassungsempfehlungen unterstützen.
Auch beim DSTNCMP26 vom 5.-7. Mai 2026 in Brixen (Südtirol) werden wir uns intensiv mit dem Thema KI beschäftigen. Insgesamt gibt es allerdings deutlich mehr Themenkomplexe. Derzeit läuft unsere Themen-Umfrage, wo wir herausfinden möchten, wo der Schuh die Touristiker:innen gerade drückt - nicht nur beim Thema KI. Ich lade alle Interessierten - unabhängig von ihrer Teilnahme - dazu ein, sich an der Themenumfrage zu beteiligen.

