Kurzfassung der Studie
Bestehende Forschung zum Trinkgeld im Tourismus konzentrieren sich auf Länder in welchen eine ausgeprägte Trinkgeldkultur vorherrscht, so zum Beispiel die Vereinigten Staaten. Hierdurch entsteht eine Lücke im Verständnis des Trinkgeldverhaltens in europäischen Ländern wie Deutschland. Darüber hinaus hat die Verlagerung hin zu bargeldlosen Transaktionen die Zahlungspräferenzen der Verbraucher:innen in Deutschland neu gestaltet und beeinflusst die Trinkgeldpraktiken. Diese Studie untersucht die Präferenzen bei Zahlungsmethoden und Unterschiede im Trinkgeldverhalten bei verschiedenen Zahlungsmethoden aus der Perspektive der Verbraucher:innen als auch des Restaurantpersonals in Deutschland. Interviews mit 20 Restaurantgästen und 13 Mitarbeiter:innen zeigen, dass Deutschland als Gesellschaft mit niedriger Trinkgeldkultur fungiert. Bargeldlose Zahlungen entwickeln sich zur vorherrschenden Zahlungsmethode und verändern die Trinkgelderwartungen sowohl bei Kund:innen als auch bei Restaurantmitarbeiter:innen. Zusätzlich untersucht die Studie die Motivationen und Wahrnehmungen von Verbraucher:innen und Personal in Bezug auf Trinkgeld im Zusammenhang mit vorab festgelegten Trinkgeldprozentsätzen. Die Ergebnisse liefern theoretische und managementrelevante Erkenntnisse, vertiefen das Verständnis dafür, wie Zahlungsmethoden das Trinkgeldverhalten beeinflussen, und tragen zum Wissen über Trinkgeldnormen in Deutschland bei.
Kernergebnisse dieser Studie
Geringer Status von Trinkgeld in Deutschland:Die Studie bestätigt, dass Deutschland als eine Gesellschaft mit einer schwachen Trinkgeldkultur und damit niedrigen Bereitschaft, Trinkgeld zu geben, gekennzeichnet ist. Das Trinkgeld wird als eine relativ bescheidene Praxis angesehen, wobei die durchschnittliche Trinkgeldrate typischerweise nur zwischen 3 % und 10 % liegt. Aufgrund der Tatsache, dass es in Deutschland nicht herkömmlich ist, Trinkgeld zu geben, wird dies vom Personal auch häufig nicht erwartet.
Positiver Einfluss von bargeldloser Zahlungen auf das Trinkgeld: Aufgrund der bequemeren Abwicklung werden Bargeldlose Zahlungen, insbesondere per Karte und Handy, in deutschen Restaurants immer beliebter. Kunden, die bargeldlos bezahlen, neigen dazu, mehr Trinkgeld zu geben als diejenigen, die bar bezahlen, da der „Schmerz des Bezahlens“ reduziert wird. Diese Verschiebung verändert die traditionelle Bargeld-Trinkgeldlandschaft. Restaurantmitarbeiter:innen erwarten tendenziell höhere Trinkgelder von bargeldlos zahlenden Kund:innen, da sie davon ausgehen, dass diese weniger durch physisches Bargeld eingeschränkt sind.
Servicequalität als Hauptfaktor für die Trinkgeldhöhe:Die Servicequalität (einschließlich Freundlichkeit, Aufmerksamkeit am Tisch und Essensqualität) ist der wichtigste Faktor, der die Trinkgeldabsicht und die Höhe des Trinkgelds der Verbraucher:innen beeinflusst. Kund:innen sind bereit, mehr als den durchschnittlichen Satz zu geben, wenn sie exzellenten Service erhalten, was die positive Korrelation zwischen Service und Trinkgeld untermauert. Im Gegensatz zu den USA, wo Trinkgelder lebenswichtig sind, zeigen die Ergebnisse dieser Studie jedoch, dass Kellner:innen in Deutschland ihren Service auch dann professionell beibehalten, wenn das Trinkgeld gering oder gar nicht vorhanden ist, da ein Mindestlohn ihr Einkommen sichert.
Vordefinierten Trinkgeldraten werden als Zwang empfunden:Die meisten Verbraucher empfinden das Vorschlagen vordefinierten Trinkgeldprozentsätze auf elektronischen Geräten als Druck oder Zwang zum Trinkgeld. Die Kunden bevorzugen es, selbst über die Höhe des Trinkgelds zu entscheiden, ohne Unterbrechungen oder Aufforderungen. Obwohl diese vordefinierten Sätze die Wahrscheinlichkeit und den Betrag des Trinkgelds erhöhen können, weil sie dem Kunden die Berechnung ersparen, birgt ein zu hoher Satz das Risiko, Abneigung zu erzeugen und langfristig Kunden zu verlieren.