F.acT: Wieso ist das Thema für die Tiroler Tourismuswirtschaft relevant?
Antonia Glaser: Bergbahnen spielen eine zentrale Rolle im alpinen Tourismus und sichern in vielen Regionen Tirols Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Gleichzeitig sind sie aufgrund technischer, meteorologischer und sicherheitsrelevanter Faktoren besonders krisenanfällig. Ein einzelnes Ereignis kann nicht nur den operativen Betrieb, sondern auch das Vertrauen der Gäste und der Bevölkerung massiv beeinflussen. Professionelle Krisenkommunikation ist daher ein entscheidender Wettbewerbsfaktor: Sie trägt dazu bei, Informationsflüsse zu steuern, Gerüchten vorzubeugen und das Vertrauen in die Branche langfristig zu stärken. Der Tiroler Tourismus profitiert von Unternehmen, die vorbereitet sind und in Krisen strategisch, transparent und glaubwürdig kommunizieren.
F.acT: Welches methodische Vorgehen haben Sie in Ihrer Arbeit angewandt?
Antonia Glaser: Die Masterarbeit basiert auf einer qualitativen Fallstudie zum Gondelunglück in Hochoetz im Jänner 2024. Für die empirische Untersuchung wurden neun leitfadengestützte Expert:inneninterviews geführt. Ergänzend wurden nationale und regionale Medienberichte und Pressemitteilungen analysiert. Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz, strukturiert entlang des 4R-Modells (Reduction, Readiness, Response, Recovery) nach Hahn & Neuss (2018). Aufbauend auf den Ergebnissen wurde das Modell um eine fünfte Phase, Resilience, erweitert, die den langfristigen Umgang mit Restrisiken und den Aufbau von Vertrauen als Teil der Organisationskultur beschreibt.

F.acT: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit und welche Bedeutung haben diese für touristische Destinationen und Betriebe?
Vorname Nachname: Die Analyse zeigt, dass die Bergbahnen Hochoetz den Krisenfall durch klare Zuständigkeiten, eine schnelle Reaktionszeit und abgestimmte Kommunikation mit Medien und Behörden professionell bewältigten. Die erste Pressemitteilung erfolgte bereits 30 Minuten nach dem Vorfall, begleitet von einer konsequenten One-Voice-Policy und transparenten Informationen. Besonders relevant war die enge Abstimmung mit den Stakeholdern, wodurch Vertrauen gewahrt und eine positive öffentliche Wahrnehmung gesichert werden konnte. Für touristische Destinationen bedeutet dies, dass Krisenkommunikation nicht erst im Ernstfall beginnt, sondern integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein muss.
F.acT: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie in Ihrer Masterarbeit?
Antonia Glaser: Aus den Ergebnissen der Fallstudie wurde ein praxisorientiertes 4+1R-Modell entwickelt, das fünf Handlungsebenen umfasst:
- Reduction: Risikokultur und Sicherheitsdenken in allen Organisationseinheiten verankern.
- Readiness: Krisenpläne und Rollen regelmäßig testen, interne Kommunikationswege simulieren.
- Response: Innerhalb kürzester Zeit transparent, sachlich und empathisch kommunizieren.
- Recovery: Nachbereitung institutionalisiert gestalten, Erkenntnisse systematisch dokumentieren.
- Resilience: Langfristig Vertrauen aufbauen, interne Lernprozesse fördern und Resilienz kultivieren.
Dieser strukturierte Ansatz stärkt nicht nur die Krisenfestigkeit einzelner Betriebe, sondern auch die Glaubwürdigkeit und Widerstandsfähigkeit ganzer Tourismusregionen.

