Forschung

Neue Horizonte in der Messung von Tourismusakzeptanz

Im Rahmen ihrer Masterarbeit untersuchte Tetiana Mikhieieva die Tourismusakzeptanz (TA) der Region Oberpinzgau, Salzburger Land. Grundlage der Analyse war ein standardisierter Fragebogen, den Einheimische ausfüllten.
Abschlussarbeit: Tetiana Mikhieieva

F.acT:  Warum ist Tourismusakzeptanz für die Tourismuswirtschaft in Tirol relevant?

Tetiana Mikhieieva: Obwohl die Untersuchung im Oberpinzgau durchgeführt wurde, lassen sich die Erkenntnisse auf die Tourismuswirtschaft in Tirol übertragen. In der Studie wurden zentrale Determinanten identifiziert, die die Tourismusakzeptanz (TA) der Bevölkerung beeinflussen. Dabei zeigte sich, welche Faktoren - etwa die persönliche Einbindung in den Tourismus oder Fremdsprachenkenntnisse - von besonderer Bedeutung sein können. Die Ergebnisse liefern praxisrelevante Erkenntnisse darüber, welche Einflussfaktoren in einer potenziellen TA-Studie in Tirol berücksichtigt werden sollten und wie diese Erkenntnisse Entscheidungsprozesse zur Förderung der Tourismusakzeptanz in der lokalen Bevölkerung unterstützen könnten.

F.acT: Was sind die Kernergebnisse Ihrer Arbeit?

Tetiana Mikhieieva: Die Analyse zeigte, dass die allgemeine Zufriedenheit der Bevölkerung die TA maßgeblich beeinflusst, wobei positive persönliche Auswirkungen vom Tourismus die Zufriedenheit erhöhen. Die Tourismuseinbindung zeigt den stärksten Effekt auf die positiven persönlichen Auswirkungen: Die im Tourismus eingebundene Bevölkerung erkennt in erster Linie die Vorteile des Tourismus. Gleichzeitig übt die Wahrnehmung negativer Umweltauswirkungen den stärksten negativen Einfluss auf die negativen persönlichen Auswirkungen / Sichtweise aus.

 

F.acT: Welche Handlungsempfehlungen können Sie daraus für touristische Destinationen und Unternehmen ableiten?

Tetiana Mikhieieva: Auf Basis der Ergebnisse wurden zwölf Handlungsfelder abgeleitet, die wertvolle Erkenntnisse für Destinationsmanagementorganisation und politische Entscheidungsträger:innen der Region liefern. Die wichtigsten Empfehlungen sind:

  • Partizipation stärken: Die einheimische Bevölkerung sollte aktiv in Tourismusplanungsprozesse einbezogen werden. Partizipative Ansätze fördern Vertrauen in touristische Entscheidungen und tragen wesentlich zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung bei.
  • Kommunikation fördern: Insbesondere Einheimische mit Fremdsprachenkenntnissen sollten motiviert werden, mit Tourist:innen in Austausch zu treten. Die Ortsverbundenheit der Bevölkerung im Oberpinzgau ist als hoch einzustufen, was vermuten lässt, dass die Einheimischen stolz darauf wären, Tourist:innen von ihrer Heimatregion und deren Besonderheiten zu erzählen. Dies könnte ebenfalls zu einer Stärkung der Identität und kulturellen Verbundenheit der Einheimischen beitragen, was wiederum die positive Wahrnehmung des Tourismus in der Bevölkerung fördern könnte.
  • Monitoring etablieren: Regelmäßige Umfragen zur Zufriedenheit der Bevölkerung sowie wirksame Feedback-Mechanismen ermöglichen es, Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und gezielt darauf zu reagieren.
  • Balance wahren: Die Bevölkerung ist bereit, gewisse Nachteile des Tourismus zu tolerieren, sofern die Vorteile überwiegen und die allgemeine Zufriedenheit hoch bleibt. Daher ist es erforderlich, eine langfristige Strategie zu entwickeln, die auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit, des Umweltbewusstseins und des lokalen Wohlbefindens basiert.

F.acT: Welche Besonderheiten zeigen sich in Ihrer Studie?

Tetiana Mikhieieva: Die Studie basiert auf einem quantitativen Ansatz unter Anwendung der Methode des Partial Least Squares Structural Equation Modeling (PLS-SEM). Ergänzend kamen Textmining (TM)-Methoden zur Auswertung offener Antworten der Befragten zum Einsatz, um tiefere Einblicke in die Haltungen der Bevölkerung gegenüber dem Tourismus zu gewinnen. Das entwickelte Modell wurde auf Basis der Theorie des sozialen Austauschs (SET), der Webers Theorie der formalen und materialen Rationalität (WSFMR) sowie der kritischen kosmopolitischen sozialen Theorie (KKST) entwickelt und stellt theoretische Beziehungen zwischen den Variablen auf.

Die Anwendung zusätzlicher LDV-/TM-Methoden leistet zudem einen Beitrag zur TA-Forschung, da sie die Ermittlung und Analyse der Wahrnehmungen von Einheimischen durch die Einbeziehung offener Fragen in Fragebögen ermöglicht.

Tetiana Mikhieieva, geboren in der Ukraine, lebt bereits seit vielen Jahren in Tirol. Nach ihrem Bachelorabschluss in „Hospitality and Hotel Management“ in der Schweiz sammelte sie wertvolle Praxiserfahrung in renommierten internationalen Hotelketten wie Hyatt und Accor. Im Jahr 2024 schloss sie das Masterstudium „Nachhaltige Regional- und Destinationsentwicklung“ am Campus Landeck ab.

Ein besonderes Anliegen ist ihr die nachhaltige Entwicklung von Regionen und Destinationen. Sie ist überzeugt, dass die Hotellerie eine zentrale Rolle für eine zukunftsfähige Tourismusentwicklung spielt. Aus diesem Grund begann sie nach dem Studium ihre Tätigkeit als Customer Success Managerin bei RateBoard, einem der führenden europäischen Anbieter von Revenue-Management-Software und Teil der Zucchetti-Gruppe.

 

Betreuung: ao. Univ.-Prof. Dr. Birgit Pikkemaat

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